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Leberkrebs - Neue Perspektive durch zielgerichtete Therapie

Prof. Dr. med. Deike Strobel
Oberärztin der Medizinischen Klinik 1
Universitätsklinikum Erlangen
Innere Medizin/Gastroenterologie/Hepatologie
DEGUM Stufe 3/Seminarleiterin
Leitung Ultraschall
Ulmenweg 18
91054 Erlangen

Tel.: 09131-8535000
Fax: 09131-8535250


Schwerpunkte
• Diagnostische und interventionelle Sonographie
• Gastroenterologie/Hepatologie
• Lebertumorcharakterisierung
• Kontrastmittelsonographie
• Leberelastometrie
• Endosonographie der Gastrointestinaltrakts


Sonographisch gesteuerte Biopsien
Interventionelle Therapie
• Lokalablative Tumortherapie (Radiofrequenzablation)
• Zystensklerosierung, Drainagetherapie


Ambulanzen
• Hochschulambulanz Lebersprechstunde
• Ultraschallsprechstunde
• HCC Sprechstunde


Anmeldung Hochschulambulanz
Tel.: 09131-8535205

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PROTOKOLL

Leberkrebs - Neue Perspektive durch zielgerichtete Therapie

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Wir beginnen um 19 Uhr.

Attar : Ich weiß, dass palliativ nicht heilbar bedeutet. Aber wie lange ist palliativ? Kann man damit Wochen, Monate oder Jahre überleben? Es geht um eine Behandlung mit Tabletten. Finde ich ganz ungewöhnlich bei Krebs. Bei welcher Lebensqualität?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Ihre Frage zielt auf die palliative Situation beim Leberkrebs. In der Tat ist es so, dass man in der palliativen Situation und bei der Behandlung mit Tabletten durchaus Wochen, Monate oder Jahre überleben kann. Die Lebensqualität Ihrer Erkrankung hängt im Wesentlichen vom Ausmaß des Tumors in der Leber und der verbleibenden Leberfunktion ab. Unerwünschte Wirkungen der Behandlung mit Tabletten hängen ab von der Art dieser Therapie.

R. Biehler : Ich versuche zur Möglichkeit einer Lebendspende für meine Schwester Informationen zusammenzutragen. Ich höre unterschiedliche einschätzungen: geht, wenn der Tumor keine Metastasen gebildet hat. Ist aber abhängig von der Größe des Tumor, andere Spezialisten winken gleich ab. Wer sagt mir, was richtig ist?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Sie sollten sich mit Ihrer Frage an ein Lebertransplantationszentrum in Deutschland wenden. Prinzipiell ist eine Lebendspende bei einem Tumor, der auf die Leber begrenzt ist, denkbar, aber nur, wenn die Größe des Leberkrebses bestimmte Kriterien erfüllt. Die entscheidenden Kriterien hierfür sind die so genannten Mailand-Kriterien, d. h. dass es sich nur um einen umschriebenen Tumor handeln darf: Ein Tumor, kleiner = 5 cm oder maximal drei Tumore bis zu einer Größe von 5 cm. Das Ausmaß des Tumors nach den Mailand-Kriterien ist Standard zur Beurteilung ob eine Lebertransplantation möglich ist (egal, ob Lebendspende oder Fremdorgan). Sollte die Tumorlast bei Ihrer Schwester größer sein, ist eine Lebertransplantation nur in Ausnahmefällen noch möglich. Dies ist abhängig von der aktuellen Bildgebung (z. B. Leber-MRT).

Rückert : Zusammen mit der Krebsdiagnose sagte man mir, dass ich wohl mal früher eine Hepatitis C hatte, aber nicht chronisch, sonst hätte man das irgendwann gemerkt. Vielleicht war das in der Zeit, als ich in Südafrika beruflich gelebt habe. Kann es sein, dass das letztlich der Auslöser für den Leberkrebs war? Kann Leberkrebs so entstehen? Ich suche Antworten, brauche eine Erklärung woher so etwas kommt, wenn man jahrzehntelang bewusst und gesund lebt? Es ist eine Keule, was soll ich meinen Kindern sagen, warum sie ein kontrolliertes Leben führen sollen, wenn man dann doch so krank wird???

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Die Diagnose einer chronischen Hepatitis-C ist durch Blutuntersuchungen möglich. Es ist durchaus denkbar, dass man die Infektion mit einer Hepatitis C nicht bemerkt und auch keine Symptome oder Beschwerden bei einer chronischen Infektion hat. Viele chronische Hepatitis C-Infektionen verlaufen unbemerkt. Das Risiko für eine Hepatitis-C-Infektion kann in bestimmten Situationen auftreten, z. B. bei Blutübertragungen, Verletzungen mit Kontakt zu infektiösem Material oder in seltenen Fällen auch durch sexuelle Übertragung. In einigen Fällen bleibt die Übertragung des Hepatitis-C-Infektion unklar. Das Hepatitis-C-Virus selbst verursacht - soweit wir das bisher wissen - keinen Leberkrebs. Vielmehr ist es so, dass es durch die chronische Hepatitis C zu einem langsamen Leberumbau kommt (Leberzirrhose). Auf dem Boden einer Leberzirrhose kann sich ein Leberkrebs bilden.

Duggen : HCC wurde im November 2009 diagnostiziert. OP war möglich, es kamen aber kleine Tumore wieder. Jetzt nehme ich Nexavar und habe widersprüchliche Infos dazu im Internet gefunden. Das verunsichert mich. Wie lange kann man das so nehmen und damit Erfolg haben? Gibt es dazu Erfahrungen?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Zu Nexavar gibt es Langzeiterfahrungen mit der Einnahme über mehrere Jahre. Der Erfolg einer Nexavar-Therapie bei Patienten mit guter Leberfunktion (Leberzirrhose Child A) und HCC ist durch Untersuchungen bei vielen Patienten in Studien nachgewiesen. Bei Fortschreiten des Tumors mit Ausbreitung der Tumore in große Lebergefäße ist der Erfolg der Nexavar-Therapie nicht mehr gegeben. Darüber hinaus sollten bei kleinen Tumoren (kleiner 5 cm, nicht mehr als drei Tumore in der Anzahl) zusätzliche Therapieoptionen, wie z. B. die lokale Tumorbehandlung mit Hitzeverfahren oder durch Gefäßverödung, überprüft werden.

Wildtraut : Ich bin auf der Suche nach einer Sprechstunde in der ich hingehen kann und mich allgemein informieren kann für meine Mama über die unterschiedlichen Behandlungsmöglichkeiten bei fortgeschrittenem HCC. Raum Essen. Kann mir Frau Prof. Strobel evtl. einen Hinweis geben, wo ich das finde?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Ich würde Ihnen raten, dass Sie sich an die Universität Essen wenden und zwar an die Leberambulanz bei Professor Gerken.

Jon_Greiner : Diese Einteilungen sind ja immer so eine Sache. Ist das eine Klassifizierung, die überall gleich ist, oder können da auch Verschiebungen sein durch unterschiedliche Wahrnehmung? A2 -0-solitär nach BCLC, Hochdruck an einer bestimmten Ader, Name weiß ich nicht mehr. Heißt konkret?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Die so genannte BCLC-Klassifikation ist eine allgemein gültige Klassifizierung, die neben der Tumorgröße und Anzahl auch klinische Variablen, wie z. B. den körperlichen Allgemeinzustand und die Leberfunktion berücksichtigt. Der so genannte Hochdruck beinhaltet genauer gesagt den Pfortader-Hochdruck, die Pfortader ist das wichtigste zuführende Lebergefäß. Durch einen Leberumbau (Leberzirrhose) kann es zu einem Hochdruck in dem Gefäßbereich der Pfortader kommen. Im Rahmen des Pfortader-Hochdrucks kann es zu einer Eröffnung zusätzlicher Bauchgefäße (so genannte Kollateralgefäße) und zu einer Milzvergrößerung kommen. Dies kann durch bildgebende Verfahren, am einfachsten durch den Ultraschall, festgestellt werden.

Harry Jampert : Mein Bruder hat Leberkrebs, erst dachten wir das seien Metastasen, aber jetzt ist klar, dass der eigentliche Krebs in der Leber sitzt. Ihm wurde eine palliative Behandlung mit Tabletten empfohlen, weil Heilung nicht möglich ist. Woran bemisst sich diese Aussage, wer entscheidet letztlich, dass nichts anderes mehr sinnvoll ist? Habe nie für möglich gehalten, dass ein vier-Buchstabenwort einmal alles entscheidet: nicht QUOT2mehrQUOT2 sinnvoll. Wir würden gern eine zweite Meinung einholen, oder ist das dann auch QUOT1nicht mehr sinnvollQUOT2?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Eine zweite Meinung einzuholen bei einem Leberspezialisten ist jederzeit möglich und auch sinnvoll. Die Aussage, ob ein Leberkrebs in einem fortgeschrittenen Stadium palliativ mit Tabletten behandelt wird, richtet sich nach dem Ausmaß des Tumors in der Leber und außerhalb der Leber. Im Allgemeinen ist in dieser Situation der Leberkrebs weit fortgeschritten. In dieser Situation ist eine Operation oder umschriebene Behandlung des Tumors durch Hitzeverfahren oder Gefäßverödung nicht mehr sinnvoll, da hierdurch die Prognose nicht verbessert wird und bei fortgeschrittenen Tumoren diese Behandlungen unerwünschte Wirkungen auslösen können.

Einbrodt : Ich habe angefangen mit Nexavar und bin glücklich, dass ich nur Tabletten schlucken muss. Aber jetzt ist das in Frage gestellt, weil mein Herz nicht gleichmässig schlägt. Das ist aber nicht neu, habe das seit vielen Jahren, dass es gelegentlich stolpert. Jetzt soll ich das Medikament absetzen. Möchte ich aber nicht, weil ich sonst gut damit zu Recht komme. Was kann denn passieren, wenn ich das weiter nehme?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Ein unregelmäßiger Herzschlag bedarf einer weiteren Diagnostik. Da Sie bereits seit Jahren Herzstolpern bemerkt haben, ist es sinnvoll, sich bei einem Herzspezialisten (Kardiologen) vorzustellen, um festzustellen, ob der unregelmäßige Herzschlag gefährlich ist oder nicht. Erst danach sollte vom Herzspezialisten in Absprache mit Ihrem Leberspezialisten festgelegt werden, ob ein Absetzen des Nexavar erforderlich ist.

Esther Müller : Kann Nexavar das Krebswachstum ganz stoppen bzw. rückbilden?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Durch die Behandlung mit Nexavar kann das Krebswachstum vorübergehend gestoppt werden. Eine komplette Rückbildung des Krebses (Heilung) ist durch Nexavar nicht möglich.

Esther Müller : Stimmt es, dass der innen wachsende Leberzelltumor nicht ohne Kontrastmittel erkennbar ist? Kann es sein, dass Nexavar das Tumorwachstum nicht nur verlangsamt, sondern auch rückbildend wirken kann? Was ist von der sogn. Biofeldtherapie zu halten? Gibt es Fälle von Heilungen des Leberzellkrebses bei nicht aufgetretenden Metastasen? Stimmt es, dass die Patienten im Endstadium der Krankheit keine Schmerzen haben, sondern einfach einschlafen?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Ein Leberzelltumor kann während der Ultraschall-Untersuchung auch ohne Kontrastmittel entdeckt werden. Die sichere Diagnose, dass es sich wirklich um einen Leberzelltumor und nicht eine andere Tumorart handelt, ist aber nur durch ein kontrastmittelunterstützes bildgebendes Verfahren möglich (Kontrastmittel-Ultraschall, Kontrastmittel-CT, Kontrastmittel-MRT) oder durch eine Gewebeentnahme (Biopsie). Zur so genannten Biofeld-Therapie liegen keine großen Studien vor, die diese Therapie im Vergleich zu anderen Therapieformen untersucht haben. Deshalb kann der Effekt der Biofeld-Therapie noch nicht bewertet werden. In frühen Tumorstadien, bei denen der Tumor komplett durch eine Operation (Lebertransplantation) entfernt werden kann, kann es auch zu einer Heilung des Leberkrebses kommen. Patienten im Endstadium eines Leberkrebses haben im Allgemeinen nur wenig Schmerzen, da die Leber selbst nicht schmerzempfindlich ist. Allerdings äußern einige Patienten ein unangenehmes Druckgefühl im rechten Oberbauch, immer dann, wenn der Lebertumor so groß ist, dass er die Leberkapsel erreicht. Durch die tumorbedingte Dehnung der Leberkapsel können drückende Schmerzen entstehen.

Wünning : Es sind viele Abkürzungen genannt in der Diagnose und ich konnte mir nicht alle merken. Einfach zu merken T1M1 waren diese beiden Buchstaben und Zahlen. Könnte Prof. Strobel die Schwere der Erkrankung davon ableiten für meinen Vater?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Die Abkürzung T1M1 spricht dafür, dass es sich bei T1 um einen umschriebenen Lebertumor (ohne Einbruch in die Lebergefäße) und bei der Abkürzung M1 um das Vorliegen von Tochtergeschwülsten außerhalb der Leber handelt. Für eine genauere Beurteilung des Schweregrades der Erkrankung ist eine Einsicht in die Bildgebung (Ultraschall, CT oder MRT) und die Kenntnis der Leberfunktion Ihres Vaters erforderlich.

Kroetze : Ich habe viel über Hyperthermie gelesen und die Chancen, die diese Behandlung beinhaltet. Unklar ist mir dennoch wann Hyperthermie sinnvoll ist bei Leberkrebs? Ist das abhängig vom Stadium, oder wo der Tumor sitzt?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Die Hyperthermie-Behandlung ist derzeit keine beim Leberkrebs etablierte Therapie. Es gibt keine vergleichenden Studien, die nachweisen, dass die Hyperthermie (das ist die Behandlung des Körpers mit Hitze von Außen und durch Infusionen von Innen) die Prognose der Leberkrebserkrankung verbessert. In Studien bewiesen ist der Effekt der lokalen, d. h. umschriebenen Hitzebehandlung. Hierbei handelt es sich um eine lokale Tumortherapie. Der Tumor wird mit einer Nadel punktiert, die entweder über Wechselstrom, Laser oder Mikrowellen erhitzt wird. Die lokale Hitzebehandlung ist aber nur bei kleinen Lebertumoren (kleiner 3 - 5 cm Größe) und bei einer geringen Tumoranzahl (maximale 3 Tumore) sinnvoll.

Celebi : Sind Leberknoten eine Vorstufe von Leberkrebs?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Leberknoten können im Rahmen eines Leberumbaus (Leberzirrhose) entstehen. In den meisten Fällen bleiben diese Leberknoten innerhalb der Leberzirrhose gutartig. Nur in ca. 4 - 5 % entstehen Leberknoten, die bösartig werden. Diese wachsen in der Größe und können durch kontrastmittelunterstützte bildgebende Verfahren von den gutartigen Knoten unterschieden werden.

jonas_vigor : ich habe eine zyste in der leber. ist das etwas bedrohliches? in welchen abständen sollte ich das sonographieren lassen zur kontrolle? empfehlen sich auch andere kontrollen?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Eine Zyste in der Leber ist nicht bedrohlich. Zysten in der Leber werden bei ca. 10 % der gesunden Bevölkerung zufällig entdeckt. Meistens entdeckt man diese Zysten bei einer Ultraschalluntersuchung. Diese Zysten sind gutartig und verursachen in den allermeisten Fällen keine Beschwerden. In sehr seltenen Fällen kann es bei sehr großen Zysten zu einem Druckgefühl im rechten Oberbauch kommen. Dieses Druckgefühl ist durch die Lage der Zyste an der Oberfläche der Leber (Kapseldehnungsschmerz) erklärbar. Nur in diesen sehr seltenen Fällen sollten bei Beschwerden die Leberzysten behandelt werden. Eine Ultraschall-Kontrolle von Zysten ist bei fehlenden Beschwerden und auch aufgrund der Gutartigkeit von Zysten nicht zwingend erforderlich. Viele Patienten möchten aber den Größenverlauf ihrer Zysten kennen; die Ultraschallkontrolle, z. B. in zeitlichen Abständen von ein bis zwei Jahren nach Erstdiagnose, ist die einfachste Möglichkeit, diesen Größenverlauf zu beobachten.

Rubarth : Ich bekomme einfach keine vernünftige Antwort, wenn ich um eine Einschätzung bitte, wie es wirklich um meinen Vater steht. Er hat 2 größere Tumore und 1 kleineren. Bisher sind keine Metastasen gefunden worden, trotz der beiden größeren Tumore, auch keine Mikrozellen, so weit man das feststellen kann. Diese Unsicherheit macht mich verrückt. Habe das Gefühl alle flüchten, wenn sie mich um die Ecke kommen sehen und langsam beschleicht mich das Gefühl, dass es ganz schlecht steht. Das kann doch aber nicht wirklich so sein, wenn keine Metastasen gefunden wurden. Wie komme ich zu einem vernünftigen Gespräch?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Ich empfehle Ihnen einen Gesprächstermin bei einem Leberspezialisten (Hepatologe). Im Allgemeinen bleibt der Leberkrebs auf die Leber beschränkt. Nur bei ca. 5 % der Patienten mit Leberkrebs kommt es zu einer Metastasierung außerhalb der Leber. Die Einschätzung, wie es um Ihren Vater steht, hängt neben der Tumorgröße und -anzahl auch von der Leberfunktion ab. Deshalb ist eine Beurteilung der Gesamtsituation durch einen Leberspezialisten erforderlich. Die Möglichkeit, zu einem Beratungsgespräch besteht insbesondere auch bei den Leberzentren, die in größeren Krankenhäusern oder auch Universitätskliniken Sprechstundenzeiten anbieten.

MODERATOR: Unsere Expertin macht eine kurze Pause. Wir setzen die Beantwortung Ihrer Fragen in wenigen Minuten fort.

Auffurth : Also eine Tablettenbehandlung bei Krebs finde ich unglaublich gut und klingt so einfach. Aber wenn mein Vater selbst die Tabletten nehmen kann, kann er das ja auch mal vergessen, oder um einige Stunden zu spät nehmen. Das kontrolliert ja keiner. Mein Vater lebt allein. Was für Kontrollmöglichkeiten gibt es, ohne, dass er sich kontrolliert fühlt?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Eine Möglichkeit wäre, dass Sie die Tablettenpackung Ihres Vaters alle paar Tage kontrollieren, um zu sehen, ob die erforderliche Anzahl von Tabletten auch entnommen wurde.

T_Gräbner : Mein Vater passt auf, dass meine Mutter auch immer genau zur gleichen Zeit die Tabletten nimmt. Jetzt ist die Firma meines Vaters umgezogen und er hat einen weiteren Arbeitsweg. Dadurch muss vieles neu organisiert werden. Kann man so ohne weiteres die Tabeltteneinnahme um ca. 2 Stunden vorziehen? Wie macht man das? Schleichend vorziehen oder geht das in einem Mal?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Eine zeitliche Verschiebung der Tabletteneinnahme um ca. zwei Stunden ist möglich. Ein schleichendes Vorziehen ist nicht erforderlich.

Schreiner : Diagnose: Leberkrebs fortgeschritten. Kommt nicht vom trinken aber vielleicht vom rauchen? Keine Ahnung. Ich soll Tabletten einnehmen die Nexavar heißen. Leider bin ich allergisch gegen die Zentrale Substanz dieses Mittels. Kann man was gegen so eine Allergie machen, oder gibt e seine Alternative?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Ein direkter Zusammenhang zwischen Nikotinkonsum und Leberkrebs ist bisher nicht erwiesen. Allerdings gilt für den allgemeinen Gesundheitszustand und Krebserkrankungen, dass auf Nikotin verzichtet werden sollte. Ob bei Ihnen eine Allergie gegen ein Medikament vorliegt, sollte durch ein ausführliches Gespräch und Spezialuntersuchungen bei einem Leberspezialisten überprüft werden. Auch mögliche alternative Therapien können mit dem Leberspezialisten besprochen werden.

KKrakowski : Was zählt mehr bei der Diagnose die vordere Stadieneinteilung, oder die nachgeordneten Untergruppen? T3, N0, M0 ? wie schlimm ist das?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Für die Beurteilung des Schweregrades einer Leberkrebserkrankung ist vor allem das Ausmaß der Lebergröße und der Tumoranzahl in der Leber entscheidend. In der Stadieneinteilung bezeichnet das Stadium T3 das Vorliegen mehrerer Tumore mit einer Größe über 5 cm oder das Vorliegen eines Tumors mit Befall eines größeren Lebergefäßes. N0 und M0 bedeutet, dass keine Metastasen in Lymphknoten oder Organen außerhalb der Leber vorliegen. Neben der Beurteilung des Tumorstadiums ist für die Einschätzung der Prognose der Erkrankung auch die Beurteilung der Leberfunktion erforderlich.

Höller : Kann mir Frau Prof. Strobel sagen, ob es stimmt, dass der Deutsche Ring (Privatversicherung) die Behandlung von Leberkrebs nicht mehr voll übernimmt, wenn die Ursache zu viel Alkohol ist?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Die Behandlung von Leberkrebs wird unabhängig von der Ursache der zugrundeliegenden Leberzirrhose von den Allgemeinen Krankenversicherungen und Privat-Krankenversicherungen voll übernommen.

Woit : Es sind jetzt schon einige Untersuchungen bei meinem Mann gemacht worden und klar ist, dass es da einen Bereich in der Leber gibt, der farblich anders aussieht, weil da mehr Blutgefäße sind, als in anderen Bereichen. Ist das allein ein Indiz für Leberkrebs? Es gibt auch einen erhöhten Wert (AFP). Das Warten fühlt sich an, wie ein Fallbeil über dem Kopf?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Der Nachweis von vermehrten Blutgefäßen in der farblichen Darstellung von Gefäßen im Ultraschall ist beim Leberkrebs, aber auch bei anderen (zum Teil auch gutartigen) Lebertumoren, gegeben. Allerdings spricht der erhöhte Wert (AFP) dafür, dass eine Lebererkrankung - und möglicherweise auch ein Leberkrebs - vorliegt. Für eine sichere Diagnose (ob es sich um einen Leberkrebs handelt), ist die Durchführung einer kontrastmittelunterstützten Bildgebung (Kontrastmittel-Ultraschall, Kontrastmittel-CT oder Kontrastmittel-MRT) sinnvoll oder die Durchführung einer Gewebeentnahme. Nur bei sehr fortgeschrittenen Leberkrebserkrankungen kann ein deutlich erhöhter AFP-Wert (größer 400) für eine Diagnose herangezogen werden.

Gabriele : Können Leberzysten entarten? Bei meiner 16jährigen Tochter ist das bei einer Blinddarmoperation festgestellt worden, aber der Chirurg sagte, alles sei in Ordnung. Ich mache mir trotzdem Sorgen.

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Leberzysten können nicht entarten. Ihre Sorgen sind unbegründet.

Schwerzer : Wie wichtig ist die Position vom Tumor in der Leber für die Prognose?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Die Position eines bösartigen Tumors in der Leber ist wichtig für die Entscheidung, ob ein Tumor operativ entfernt werden kann. Durch die operative Entfernung kann ein Tumorleiden geheilt werden.

Bockenhohl : Was versteht man unter einem Fingerabdruck eines Tumors? Wenn Tumore so individuell sind wie der Fingerabdruck eines Menschen, dann kann man ja gar nicht gewinnen in der Behandlung. Diese Erkenntnis macht mir gerade richtig Angst, denn wie soll man da ebenso individuelle Behandlungsformen für entwickeln. Das geht schlicht nicht?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Unter dem Fingerabdruck eines Tumors versteht man hochspezifische Tumoreigenschaften, die in dem Genom der Tumorzellen festgelegt sind. Die Kenntnis von so genannten Fingerabdrücken von Tumoren entsteht aktuell nur langsam in der so genannten Grundlagenforschung. Durch Kenntnis tumorspezifischer Fingerabdrücke wird unser Wissen über das Wachstumsverhalten von Tumoren verbessert werden. Die Hoffnung besteht, dass sich aus diesen Erkenntnissen auch Behandlungsmöglichkeiten ableiten werden.

Kruzi : Was ist der Unterschied zwischen Gallengangskrebs und Leberkrebs?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Beim Leberkrebs handelt es sich um eine Krebsart, die von den Leberzellen (Hepatozyten) ausgeht. Beim Gallengangskrebs handelt es sich um eine Krebsart, die von den Gallengangszellen (Cholangiozyten) ausgeht. Diese beiden Krebsarten unterscheiden sich in ihrer Prognose und auch in den Behandlungsmöglichkeiten.

Reimers : Wonach wird entschieden, ob es eine Protonen oder Schwerionen Bestrahlung sein soll? Die Protonen-Bestrahlung ist offenbar sehr viel kürzer. Was ist schonender, oder gibt es die Wahl gar nicht und es gibt Leitlinien, die für Leberkrebs immer die eine oder andere Bestrahlung vorschreiben?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Es gibt keine Leitlinien, die die Behandlung mit Protonen oder Schwerionen für den Leberkrebs empfehlen.

Mert : Hier ist mein Krankheitsverlauf, Vorneweg: Ich bin ein Mann! Trotzdem Brustkrebs-OP 5/2003; Lebermetastasen 4/2008; 5 Jahre lang vollständige Remission unter Arimidex/ Aromatase; Anfang Januar 2009 fand man bei einer CT-Sonographie mit Kontrastmittel keine Leberfiliae mehr. Aber: der Tumormarkerwert CA 15-3 stagniert bei ca 50. 3/2011 wieder Lebermetastasen (zwei größere und viele kleinere); seitdem bereits 16x Chemotherapie. Die Chemotherapie soll bis .....? fortgeführt werden. Könnte Frau Prof. Strobel die Situation für mich einschätzen und evtl. einen Therapievorschlag machen?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Bei Ihrer Tumorerkrankung handelt es sich nicht um einen typischen Leberkrebs. Die Behandlung eines metastasierenden Brustkrebses beim Mann sollte in einem speziellen onkologischen Zentrum festgelegt werden.

Krümpelmann : Mein Mann raucht und trinkt trotz Leberkrebs. Wenn es ihm schlecht geht muss ich ihn pflegen. Er nimmt, nimmt und nimmt. Wie kann man sich vor einem schwer krebskranken Partner schützen, der nur noch sich kennt?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Die Pflege eines schwer an Krebs erkrankten Partners ist eine sehr hohe Herausforderung und auch eine Belastung, die alleine von dem Ehepartner nicht geschultert werden kann. Ich rate Ihnen, Kontakt mit ambulanten Pflegediensten aufzunehmen, die Sie bei der Pflege Ihres Ehepartners entlasten können.

reder : Ich soll Spritzen direkt in den Tumor bekommen, um ihn zu veröden. Könnte mir die Expertin sagen, wie erfolgversprechend ein solcher Eingriff ist? Bisher keine Metastasen.

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Bei der Verödung von Leberkrebs handelt es sich um eine lokale Tumorbehandlung. Die lokale Tumorbehandlung ist vor allem bei Tumoren, die kleiner als 3 cm sind, erfolgsversprechend, d. h. dass ein kleiner Tumor komplett zerstört werden kann. Bei Tumoren, die größer sind als 3 cm, ist der Behandlungserfolg nicht ganz so erfolgsversprechend. Bei einer Größe bis zu 5 cm kann die Verödungstherapie jedoch sinnvoll eingesetzt und ggf. auch wiederholt werden. Das effektivste Verfahren zur lokalen Tumorbehandlung bei kleinen HCCs (kleiner als 3 cm) ist die lokale Anwendung von Hitze (Radiofrequenzablation).

Kinckel : Diese neuen zielgerichteten Therapien gehen ja nicht für alle Krebsarten. Gilt das aber für Leberkrebs, ist er mit dabei?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Die zielgerichtete Therapie beim Leberkrebs ist möglich. Mit einer medikamentösen Behandlung werden bestimmte Zielstrukturen an der Tumorzelle erreicht. Spezifische Wachstumsfaktoren an der Tumorzelle und an Gefäßzellen werden durch diese zielgerichtete Therapie effektiv gehemmt.

Julius : Stimmt es, dass man den Erfolg der Behandlung an Farbe der Haut und an den Augen erkennen kann?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Der Erfolg einer Krebsbehandlung kann an der Hautfarbe und an den Augen nicht sicher erkannt werden.

Deb.Klarius : Mein Vater hatte eine Operation, weil er einen mittelgroßen Tumor in der Leber hatte. Leider konnte nicht alles Krebsgewebe entfernt werden, weil er an einer schwierigen Stelle saß und auch noch sitzt. Es folgte eine Chemotherapie und jetzt soll eine palliative Behandlung mit Tabletten in Kürze anfangen. Muss er dann auch noch zusätzlich eine Schmerztherapie bekommen, oder ist die bei den Tabletten (Substanz Sorafenib) dabei? Davon ist nämlich nicht mehr die Rede und ich möchte sicherstellen, dass die Schmerzen nicht mehr wiederkommen.

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Die Behandlung mit Tabletten (Sorafenib) beinhaltet keine Schmerztherapie. In den meisten Fällen kommt es bei Leberkrebs nicht zu starken Schmerzen, eine Ausnahme sind fortgeschrittene Tumore, die die Leberkapsel erreichen und zu einem Dehnungsschmerz der Leberkapsel führen. Sollten bei Ihrem Vater drückende Schmerzen im rechten Oberbrauch auftreten, ist eine zusätzliche Schmerztherapie erforderlich.

Wernicke : Mein Papa hat Leberkrebs und eine Chemotherapie scheidet aus. Wie gut ist eine Bestrahlung mit Mikrokügelchen und wie funktioniert das?

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Bei der internen Bestrahlung mit Mikrokügelchen (SIRT) handelt es sich um ein neues Therapiekonzept, das für Patienten mit Leberkrebs nach Überprüfung aller anderen Therapiemöglichkeiten diskutiert werden kann. Sollten Therapien, wie eine Operation, eine Radiofrequenzablation, eine Chemo-Embolisation oder eine medikamentöse Therapie mit Sorafenib nicht möglich sein, kann die Möglichkeit einer internen Bestrahlung mit Mikrokügelchen im Einzelfall möglich sein. Aktuell gibt es noch keine längeren Beobachtungszeiträume für dieses neue Therapiekonzept, so dass der Stellenwert für die Bestrahlung mit Mikrokügelchen aktuell noch nicht bewertet werden kann. Bei der Behandlung wird über ein Lebergefäß eine Emulsion von radioaktiven Mikrokügelchen in die Leber-Tumor-Gefäße appliziert. Da es sich um radioaktive Mikrokügelchen handelt, ist die Behandlung nur stationär in bestimmten Abteilungen (nuklearmedizinische Abteilungen großer Kliniken) durchführbar. Die Entscheidung, ob diese Behandlung bei Ihrem Vater sinnvoll ist, sollte in einem interdisziplinären Expertenkreis (Hepatologe, Leberchirurg, Radiologe, Onkologe, Nuklearmediziner) gemeinsam getroffen werden.

PROF. DR. MED. DEIKE STROBEL: Ich danke Ihnen Allen für die rege Teilnahme an dieser Sprechstunde sowie die vielen interessanten Fragen und wünsche Ihnen nun einen schönen Abend!

 



Ende der Sprechstunde.


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